Ein Open Air, das auch als Geisterbeschwörung gegen alle Naturgewalten verstanden werden will
Wettergötter und Publikumsaufmarsch
Diesem musikalisch qualitativ herausragenden, speziellen Anlass hat die Kulturkommission Pontresina gleich mehrfach entgegengefiebert: Es war ihr gelungen eine repräsentative Formation des bekannten, mehrfach preisgekrönten, bald 80-zig jährigen Tambourenvereins Domat/ Ems zu verpflichten. Dies gemeinsam mit Edith Habraken, Perkussionistin, Holland-Schweizerin aus Basel, einer Vollblut-Musikerin, die mit ihren Instrumenten ebenfalls die Tradition pflegt u n d als Solo Instrumentalistin unverzagt und überzeugend musikalisches Neuland beschreitet. Die Propagandatrommel ist talauf – talab professionell gerührt worden. Zwei grosse Unbekannte allerdings waren die Gunst der Wettergötter – sie machten nach aufreibenden Nebelschwaden und feuchtem Wolkengeschiebe doch noch mit! Und natürlich das Interesse der Gäste. Leider sind sie nicht, wie erhofft, in Scharen zum Event vor grandioser Natur- und Schutzbau-Kulisse gekommen. Wer allerdings da war, ist mit einem unvergesslichen und nachhallenden Erlebnis bereichert worden. –
Tradition und Improvisation
Zum Auftakt sind die Domat/Emser – gemeinsam mit Edith Habraken – anmarschiert. In verschiedenen Konzertblöcken sind dann abwechselnd von den Domat/Emsern und Edith Habraken traditionelle und moderne Stücke getrommelt worden: Rassig und ohne Patzer gespielte Tagwachen nach Franzosen- und Schweizer Art , sowie die “Nachtwache mit Rembrandt-Trommel nach Habraken Art“. Die Akkustik der Naturarena hat sich als sehr tauglich erwiesen und die Töne vielleicht sogar hoch bis zu den Steinböcken getragen. Stücke wie „Rock Trap“ von Wiliam J. Shinstien,“ Syncop Action“ von Roman Lombriser oder „Nonstop“ von Ivan Kym haben begeistert. Auch die witzigen Show Einlagen wie z.B. „For Juniors only“, wo nicht nur der Rhythmus der Schlegel, sondern auch der übrige Körpereinsatz, Fuss- und Handklatschen samt Zisch- und Whuwhu-Lauten die Koordination der Musiker und staunende Aufmerksamkeit der ZuhörerInnen beansprucht haben.
Während die Männer Formation mit unverwandt gebanntem Blick ihrem Dirigenten folgte und sich vertrauensvoll über alle schwierigen Hürden dirigieren liess, blieben Blick und Konzentration bei Solistin Edith Habraken ganz nach innen gekehrt. Sie dankte nach allen Vorträgen – wie die Trommelkkollegen auch – nach der Anspannung für den verdienten Applaus mit strahlendem Lächeln!
Slagwerker Edith Habraken verstand es ausserdem dem Publikum auf sympathische Art ein paar Begriffe der Trommelsprache zu demonstrieren, etwa die drei Basisschläge oder Trommel Buchstaben „Wirbel , Schlag, Verzierung“. Damit werden Worte und Sätze, oder wie die Perkussionisten sagen, Märsche und ganze Geschichten komponiert. Habraken bediente sich als Trommelschlegel sogar mit saftig grünem Gemüselauch und hat damit selbst Lawinengeister gebannt! Witzig auch ihre Improvisation mit einem IKEA Papierkorb à Fr. 4.95 als Resonanzkörper oder ihre Uraufführung „ebis liebs und härzigs“, getrommelt und gestreichelt mit ganz kommunen Abwaschbürsteli! Die Solistin wechselte virtuos von traditionellen Stücken zu ernsten und heiteren Eigenkompositionen.
www.edithhabraken.ch http://www.kunstwege-pontresina.ch/
Pressetext Ursa Rauschenbach-Dallmaier vom 17.07.2011